Website des Stummfilmfestivals Karlsruhe und des Déjà Vu-Film e.V.
Fast jede Woche bekommt man aus verschiedenen Kultureinrichtungen neue Hiobs-Botschaften zu lesen. In einem langen Interview hat der Geschäftsführer des ZKM dargestellt, was die bevorstehende Kürzung der Zuschüsse um 10% für die Karlsruher Einrichtung von Weltrang bedeutet: der Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb wird halbiert. Ausdrücklich hat der Geschäftsführer betont, dass es dem ZKM nicht darum gehe, einen Protest vorzubringen, man sei zu diesen Maßnahmen schlicht gezwungen. Ebenso deutlich sprach er sich gegen betriebsbedingte Kündigungen von Beschäftigten aus. Das ist absolut verständlich.
Sinnvoll und nachvollziehbar ist das, allerdings ergibt sich zumindest für das Personal im Veranstaltungsmanagement ein gewisses Pardoxon: wenn es nur noch halb so viel Veranstaltungen gibt, fällt auch entsprechend weniger Arbeit an, so dass auch weniger Personal benötigt wird.
Ähnlich wie beim ZKM dürfte es auch beim Staatstheater sein; weiterhin soll das Stadtmuseum geschlossen werden, und liest man die Infos aus den verschiedenen freien Kultureinrichtungen, ergibt sich ein Bild, das verallgemeinert werden kann: die Fixkosten, also Kosten für Räume, Mieten usw. und die Personalkosten, können praktisch nicht oder nur wenig gekürzt werden, so dass die bevorstehenden Kürzungen überproportional auf den jeweiligen Veranstaltungsbereich durchschlagen. Das gilt selbst für Einrichtungen wie das Tollhaus, bei dem der städtische Zuschuss nur einen niedrigen Prozentsatz des Gesamtetats ausmacht: betroffen von den Kürzungen wird der Veranstaltungsbereich sein. Die Maßnahmen im Veranstaltungsbereich vieler Einrichtungen und Projekte fallen viel gravierender aus als es die faktischen Kürzungen um 10% vermuten lassen.
Was bedeutet das alles für die Stadt Karlsruhe? Wir alle werden einen wesentlichen Verlust der Lebensqualität der Stadt Karlsruhe erleben. Dabei hat Karlsruhe lange Jahre gerade die Vielfalt seiner kulturellen Szene immer wieder hervorgehoben und damit auch der Wirtschaft Argumente geliefert, Arbeitskräfte von einem Job in dieser Stadt zu überzeugen. Wenn es aber mit der Lebensqualität bergab geht, dann wird das auch für die Wirtschaft einen indirekten negativen Effekt haben. Sie wird es noch schwerer haben, angesichts des bestehenden Fachkräftemangels Arbeitskräfte zu finden. Es ist doch aber so, dass Karlsruhe eher neue Firmenansiedlungen und mehr Gewerbesteuereinnahmen braucht, um aus seiner desolaten finanziellen Situation herauszukommen.
Bevor ich darauf zu sprechen komme, wie dieser Abwärtsspirale vielleicht entgegengewirkt werden kann, möchte ich doch noch kurz auf die sog. „Liste des Grauens“ eingehen, die OB Dr. Mentrup vorgelegt hat. Bei dieser Liste wurde für mich vor allem interessant, was darin nicht aufgeführt wird. Der Bürger und die Bürgerin werden bei zahllosen Gelegenheiten geschröpft, angefangen vom Hundekotbeutel (bringt eine lächerliche Summe) bis zum Anwohnerparkausweis (Erhöhung um weit über 100%). Vergeblich habe ich jedoch nach einem Hinweis gesucht, ob es z. B. bei der Wirtschaftsförderung Einsparungen gibt, oder bei den städtischen Zuschüssen zum Stadtmarketing. Und ob es bei der Stadtverwaltung betriebsbedingte Kündigungen geben könnte, wird vom OB auch nicht diskutiert. NB: die Finanzbürgermeisterin wies in ihrer Haushaltsrede (siehe Website der Stadt) darauf hin, dass seit 2015, also praktisch nach Amtsantritt von Dr. Mentrup, die Stadt 853 neue Stellen geschaffen hat. Man mache sich klar, was das bedeutet: jährliche Kosten vermutlich in fünfstelliger Millionenhöhe.
Zurück zu möglichen Maßnahmen gegen die Verschlechterung der Lebensqualität der Stadt Karlsruhe. Eine Erhaltung oder sogar eine Verbesserung ist nur möglich, wenn die Kürzungen im Kulturbereich nicht oder nur zeitlich befristet durchgeführt und alsbald wieder rückgängig gemacht werden. Das genügt aber meiner Ansicht nach nicht. Karlsruhe braucht kulturelle Veranstaltungen, die geeignet sind, externe Besucherinnen und Besucher nach Karlsruhe zu bringen. Nur solche Veranstaltungen bringen dann zumindest einem Zweig der Karlsruher Wirtschaft, eben den Hotels und Restaurants, Einnahmen. Die aktuellen Großveranstaltungen wie die Schlosslichtspiele oder „Das Fest“ sprechen praktisch nur ein lokales und regionales Publikum an, das nur in geringem Umfang Hotels und Restaurants aufsucht.
Das großbürgerliche Publikum – auch das Karlsruher – besucht für sog. „hochkarätige“ Veranstaltungen im Musikbereich das Festspielhaus in Baden-Baden. Man sollte nicht versuchen, diesem Konkurrenz zu machen.
Ferner sollte ein Kultursegment in Betracht gezogen werden, das die Einrichtung eines wiederkehrenden und in diesem Sinn auch nachhaltigen Veranstaltungsformates ermöglicht. Als der Gemeinderat den sehr hohen Zuschuss für die World Games genehmigt hat, habe ich mich gefragt, was die Gründe für diese Entscheidung waren: offenbar die Aussicht oder die Hoffnung, damit eben externes Publikum nach Karlsruhe bringen zu können. Allerdings sind die World Games ein singuläres Ereignis und also nicht nachhaltig. Ein kurzfristiger positiver Effekt bei den Tourismuszahlen wird bald verpuffen.
Ich bin der Ansicht, dass ein Filmfestival, größer als die bisher in Karlsruhe existierenden, die genannten Anforderungen erfüllen und die Herausforderung meistern könnte, jährlich und also nachhaltig auch internationales Publikum nach Karlsruhe zu bringen. Dieses Filmfestival müsste selbstverständlich die einzigartige thematische Programmgestaltung beibehalten, die dem aktuellen Stummfilmfestival ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal verschafft. Ein solches größeres Filmfestival wäre in diesem Sinne auch keine Konkurrenz für die bestehenden Filmfestivals, weder in Baden-Württemberg noch in ganz Deutschland, sondern eine wertvolle Ergänzung zumindest der deutschen Filmfestivallandschaft. Dass selbst ein einwöchiges Filmfestival nur einen Bruchteil der Zuschüsse benötigt, die für die World Games erforderlich sein werden, sei nur am Rande erwähnt.
Josef Jünger
Karlsruhe, den 3. Dezember 2025
VVK nur beim Musikhaus Schlaile; Termin für den Beginn wird noch bekanntgegeben. Bitte nicht bei Schlaile nachfragen!